In diesem Forum, ein Forum für Selbsthilfe für Menschen mit psychischen Krankheiten und deren Angehörigen, ist mir in letzter Zeit etwas aufgefallen.
Es mag sein, dass ich es durch meine Krankheiten auch nur überzogen sehe, aber nun gut. Ich muss es mal einfach aufschreiben, wie ich es sehe.
Es geht einfach um folgendes:
Selbst in so einem Forum scheint es neuerdings "Trend" zu werden, einige Krankheiten als "minderwertig" oder 2. Klasse an zu sehen. Es kommt mir zumindest so vor.
Borderline, oder besser emotional instabile Persönlichkeitsstörung abgekürzt BPS, wird oft und in meinen Augen wieder immer mehr als "Teeniekram" abgestempelt und Erwachsene, die unter der Krankheit leiden und gegen sie kämpfen, werden oft nicht ernst genommen. Ausserdem wird das Symptom des selbstverletztenden Verhalten, SVV, aus dem Zusammenhang gerissen oder die ganze Krankheit damit gleichgestellt.
Menschen, die wie ich, unter dieser Krankheit leiden, müssen sich mehr oder minder immer und immer wieder rechtfertigen wenn es drum geht, wo man denn die Narben her hat oder warum man nunmal so ist wie man ist.
Ich hab aber keinen Bock mehr drauf.
So bin ich nun mal.
Ich arbeite hart und schwer an mir.
Ich habe Narben.
Auch welche die sehr sichtbar sind.
Deswegen bin ich aber kein kleiner Teen, der sich die Arme aufritzt um Emo zu sein oder was auch immer. Ich will nicht den "Weltschmerz fühlen" oder dadruch besonders "cool" sein, sondern ich habe die Narben weil meine Seele den Schmerz nicht anders verarbeiten konnte. Ich konnte Emotionen nicht anders verarbeiten als sie in Schmerz zu verwandeln und damit dem Schmerz und dem Gefühlsbrei in mir drin, den Weg nach draussen zu geben um ihn, kurzfristig, los zu werden.
Das ist nun mal Fakt und kein sich rausreden.
In der Zeit, in der ich in der Klinik war, habe ich einen Satz von einem Mitpatienten (sprich ein Kerl, der mein Alter hat)gehört, der bei den Pflegern keinen Jubel auslöste, der es aber trifft: "Für manche Emotionen haben wir keine Körperöffnung, also schaffen wir sie uns."
Es nennt sich nicht umsonst "emotional instabile Persönlichkeitsstörung", was mitlerweile den Begriff Borderline auch verdrängt.
Borderline ist das alte Ausdruck, der entstand als man sich nicht sicher war, was es denn nun ist was die Patienten nun haben.
Die Bezeichnung Borderline bedeutet auf deutsch Grenzlinie, grenzwertig. Früher wurde die Störung nämlich im Grenzbereich zwischen den Störungen und den psychotischen Störungen eingeordnet, da man Symptome aus beiden Bereichen identifizierte. QuelleWen es interessiert, da steht eine Menge und man kann eben genau sehen, dass es sich bei BPS Patienten eben nicht um Teens dreht, die Aufmerksamkeit wollen oder sich ritzen, weil es eben Mode ist oder was auch immer.
Es ist eine Krankheit, die erst vor wenigen Jahren wirklich als solche erkannt wurde und die Forschung steckt in den Kinderschuhen.
Ich selbst habe diese Diagnose, gekoppelt mit einer anderen, seit 4 Jahren und ich arbeite dran, eben nicht in der "Falle" stecken zu bleiben.
Ich will nicht stehen bleiben und mich auf dem Zettel mit den netten Codes der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsproblemen (ICD ) ausruhen und mein Leben lang Medis zu mir nehmen müssen, weil es halt einfacher ist, sondern ich will da raus.
Ich will nicht mehr der "blöde" Bordie sein, der nicht anders kann, gefühlstechnisch wie ein Flummi durch die Gegend springen und dann auch noch aus jedem kleinsten Dingen ein Drama machen.
Aber, um wieder auf meinen Punkt zurück zu kommen, damit sowas machbar ist, muss man auch ernst genommen werden und eben nicht nur belächelt werden wenn man sagte "Ich habe BPS".
Ich finde es nicht besonders hilfreich, wenn man sich konstant als "minderwertig" Kranker oder als "Lachnummer" oder sowas fühlt, weils eben keiner Ernst nimmt, wenn man im Kopf einen Kampf mit sich selbst auskämpft, es versucht aufzuschreiben und dann bekommt man nur belächeltes Mitleid oder "Bordie eben" gesagt.
Wenn ich doch in einem Selbsthilfeforum unterwegs bin, weil ich eben Hilfe zur Selbsthilfe suche und nicht weil ich mich gerne als "Kranker 2. Klasse" fühle.
Das mögen harte Worte sein, aber so kommt es mir bald vor.
Oft kommt es mir so vor, als würde man eben mit so eine Diagnose nicht ernst genommen und es wird teilweise richtiges Bordiebashing betrieben. Man wird abgewertet, nicht ernst genommen (was mir sogar schon bei Ärzten und psychologischem Fachpersonal passiert ist) oder man wird belächelt.
Sicher, es trifft zu was ein Pfleger damals meinte auf meiner Station "Manchmal kommt man sich hier vor wie in einer Jugendherberge.... nur das die Teens in Körpern von Erwachsenen stecken" und er meinte es nicht abwertend sondern das trifft es oft sehr genau.
Ich weiss, dass es oft nicht einfach ist mit einem Menschen um zu gehen, der springt wie ein Flummi, der SchwarzWeiß denkt und der auch ohne Grund ein totales Drama veranstaltet, aber deswegen bin ich/sind wir, doch keine Menschen 2. Klasse.
Denn, um es mal konkret zu benennen, wenn ich als Bordie anfangen würde meine Krankheit in dem Forum so zu zelebieren, wie einige es dürfen die Multipel sind ( sprich in einem Körper sind mehrere Persöhnlichkeiten zu finden), dann würde ich ganz schnell einen auf den Deckel bekommen. Nicht, dass ich es möchte, im Leben nicht, aber es ist für mich nicht verständlich, dass beide Krankheiten so unterschiedlich angenommen werden und so unterschiedlich eingestuft werden.
Beide, und das möchte ich an dieser Stelle nochmal sagen, sind schlimm genug und lösen genug Leiden in und um die Menschen aus, als das man diese Beiden so unterschiedlich sehen kann und sollte.
Beiden Betroffenen geht es mies aber deswegen regelrecht Bordiebashing zu betreiben, sprich Borderliner klein halten und rund machen, sie als dumme kleine Teens und als nicht ernst zunehmen hin zu stellen, ist sicher keine Lösung.
Denn sowas löst bei so einem Menschen nur eins aus:
Verteidigung und oft auch Aggressionen.
Da wird der Bordie dann wirklich zum Teen, holt zu Tiefschlägen unterhalb der Gürtellinie aus, wird gemein und sehr verletztend, oder fängt an sich zu bestrafen, weil man ja minderwertig ist und es nicht verdient hat, dass man verstanden wird. Schwarz-Weiß Denken eben.
Nach dem Diagnostsichen und statistischen handbuch psychologischer Störungen (DSM-IV) leiden ca. 2% der Weltbevörkerung an der Borderline Störung. Das entsprich, auf Deutschland bezogen, in etwa der Einwohnerzahl Hamburgs. 80% aller Borderline Patienten haben in ihrer Kindheit eine Form von Missbrauch erlebt.Noch ein Zitat aus dem Buch, was bis auf eine Stelle, auch auf mich zutrifft. Ich bin heute auf den Tag 1 Jahr, 10 Monate und 14 Tage SVV frei.
Einer respräsentativen deutschen Studie zufolge wurden 25% aller Borderliner als Kind missbraucht. Frauen sind mit 72% häufiger davon betroffen als Männern.
Ingesamt entspricht dies der Zahl der Menschen die in Dresden wohnen. 100% aller Borderliner mit depressiver Symptomatik denken an Selbstmord, versuchen sich das Leben zu nehmen oder sind chronisch suizidal. 10% aller Borderliner überleben die Störung nicht und entscheiden sich zum Freitod.
Wenn man die Zahl auf Göttingen übertragen würde, dann hätte die Stadt keine Einwohner mehr...
Quelle: Timm Flemming - "Ich - Mein größter Feind Leben mit dem Borderline -Syndrom"
Die Borderline-Störung habe ich noch nicht überwunden. Immer noch bluten meine Arme, wenn alles zu viel wird. Und immer noch teste ich meine Grenzen aus. Aber ich habe mich mit der Störung angefreundet. Sie ist ein Teil von mir, der nicht Nachteile mit sich bringt, sondern auch einen Großteil meiner Kreativität zu verdanken habe. Und sie ein Teil von mir, über den ich lachen kann, wenn es angebracht ist. Ich mag mein Leben, so wie es heute ist recht gerne. Probleme gibts es überall, aber ich bin dabei , die Steine, die ich mir selbst un den Weg gelegt habe wieder wegzuräumen.
Quelle: Timm Flemming - "Ich - Mein größter Feind Leben mit dem Borderline -Syndrom"
ich hab nicht alles gelesen (bin zu betrunken dafür löl) aber mir ist folgendes in den Kopf gekommen:
AntwortenLöschenIch hab die Diagnose auch, aber nur auf dem Papier. Trotzdem "darf" ich manchmal mit den oben genannten "Anschuldigungen" leben. Narben? Das ist doch nur ein Schrei nach Aufmerksamkeit." Wenn die wüssten. Ich weiß somit, was es bedeutet mehr als nur falsch verstanden zu werden.
Aber ich habe für mich verstanden: Es macht kaum nen Unterschied. Ich hasse mich no matter what (das ist auch Teil der Krankheit). Warum es also noch schlimmer machen und mich aufregen über die paar idioten, die meinen meine Probleme belächeln zu müssen. 24 Stunden in meinem Leben und die würden ihr Lächeln vergessen.
Denk immer daran: Vielleicht ist deine Krankheit eine Erklärung für so manches Verhalten, aber du bist dafür verantwortlich, was DU für DICH daraus machst!