Mehr als einmal habe ich ja schon hier geschrieben, dass ich eben nicht gesund bin.
Nicht körperlich, sondern bei mir ist es die Psyche.
Leider Gottes.
Denn wenn ich mir ein Bein brechen würde, dann wäre es einfacher zu erklären.
Oder wenn ich, so böse es sich liest, Krebs hätte.
Dann kann man es erklären und die Menschen verstehen es, denn Krebs oder sowas kann man sich vorstellen.
Da weiss der Mensch auf der anderen Seite sich vorstellen, was da vorgeht und man kann sich vorstellen, wie man das behandelt und wie es weiter geht. In einer Reportage sagte ein Oberarzt, der selbst von Depressionen erwischt wurde, dass man bei Krebs eben weiss wie es ausgeht: Entweder wird man geheilt oder man stirbt.
Bei Depressionen ist es eben so, als Mensch der drunter leidet, weiss man eben nicht wie es ausgeht.
Man kann nicht drauf hoffen, dass die Behandlung anschlägt.
Es kann sein, dass man direkt was findet und es hilft und man ist das los, oder man hat eben, wie ich, eine Achterbahn im Leben vor sich.
Es geht gut, man freut sich und geniesst es, man hat Zukunft vor den Augen und ist bereit, zu kämpfen.
Und dann kommen die dunkeln Zeiten.
Bei mir nennt sich das eine wiederkehrende Depression.
Oder sowas in der Art.
Es bedeutet einfach, dass eine Depression schon mal aufgetreten ist und dass es dann gut war, und dass es dann wieder kam. Egal wie viel Zeit zwischen den "Ausbrüchen" lag.
Es gibt soviele Symptome der Depressionen, dass eine riesen Liste machen könnte.
Ich liste nur mal Sachen auf, die mich betreffen:
Gefühlswelt:
- bedrückt, traurig, verzweifelt
- Minderwertigkeitskomplexe ( Man denkt, man ist nichts wert)
- ängstlich, Angst vor dem Leben
- hoffnungslos, Gefühl von Hilflosigkeit
- sich verkriechen wollen
- lebensmüde Gedanken, nicht mehr aufwachen wollen, alles Sch...
- man sieht alles negativ
- das Leben scheint sinnlos, warum lebt man überhaupt?
- Hemmungen
- Schuldgefühle
- Schwinden des Selbstwertgefühls
- Interessenverlust
- Gefühlslosigkeit
- eine andauernd gedrückte Stimmung
- eine andauernde Freudlosigkeit
- eine grundsätzliche Antriebslosigkeit
Körperlich:
- gelegentlich Zunahme des Appetits (Heißhunger vor allem auf Kohlenhydrate, Schokolade)
- starkes Bedürfnis nach sehr salzigen oder süßen Lebensmitteln, da der Geschmackssinn durch die Krankheit beeinträchtigt ist
- Störungen beim Einschlafen
- Störungen beim Durchschlafen
- Nächtliches Erwachen
- als Flucht vor dem Leben: gesteigertes Schlafbedürfnis
- Startschwierigkeiten am Morgen
- man verspürt einen Kloß im Hals
- der Hals ist wie zugeschnürt
- diffuse Schmerzen oder Druck
- Verspannungen im Schulter- oder Nackenbereich
- man verspürt Hitzewallungen oder Kälteschauer
- oft kalte Hände oder Füße
- sehr temperaturempfindlich, schnell ist es ihm zu kalt oder zu warm
Und sonst so
- Selbstschädigung
- Keine Lust auf Sexualität
- Man kann nichts mehr entscheiden
- Verlust des Zeitgefühls
- Die Angst, immer dümmer zu werden
- Man ist wie ausgebrannt
Die Sachen, die unterstrichen sind, sind die, die mich im Moment am Meisten "ausknocken".
Das Schlimmste ist eben, dass man sowas einem Gegenüber nicht erklären kann, denn man hat, also sprich ich, ein Chaos in sich, dass scheinbar immer grösser wird und man kann nicht einen Anfang finden, um mal was zu erklären.
Meine Freunde fragen oft:
"Warum sagst Du denn nichts?"
Ja warum sag ich nichts...
Schwer zu sagen und zu erklären, aber ich versuchs mal.
Ich kann oft nichts sagen, oder machen, bis ich explodiere, denn ich habe oft Angst, meine Freunde zu überfordern und sie zu verscheuchen.
Klar, ausflippen machts nichts besser, aber ich kann nicht anders..
Da kommt dann die zweite Sache bei mir durch, aber laut meiner Therapeutin, habe ich dass hinter mir gelassen, also lasse ich hier das Boarderline aussen vor.
Zurück zu dem "Warum sagst Du denn nichts?"
Ich habe oft eben auch Schuldgefühle.
Mein Selbstwertgefühl liegt am Boden, ich habe Angst und Hemmungen.
Sorgen und vor allem Verlustängste.
Angst davor, meine Freunde zu verlieren weil ich sie überfordere oder nerve.
Angst davor, einfach nur als "Bekloppte" zu gelten.
Angst vor einfach allem.
Und vorm Leben.
Dazu kommt dann noch das Problem, dass ich scheinbar Züge einer Sozialphobie zu entwickeln.
Sprich, Schiss vor Situationen, wo ich mit Menschen zusammen treffe.
Besonders wenn ich eben eine Krise habe.
Da kommt dann die Antriebslosigkeit und die Angst zusammen und ich traue mich so gut wie nicht mehr raus.
Da kommen dann Gedanken wie "Andere könnten sehen, dass ich nicht normal sind" und so Sachen, die vollkommen bescheuert sind, aber das Gedankenkarusell hält nicht an.
Das macht es nicht leichter und ich habe Tage, wo ich mich nicht vor die Tür traue.
Die Antriebslosigkeit ist etwas, was viele nicht verstehen können, weil man sowas glaube ich, nur verstehen kann, wenn man es erlebt hat, aber ich versuche mal zu beschreiben wie es für mich ist.
Nicht nur, dass ich extrem müde bin, sprich, ich könnte nur schlafen.
Egal wieviel ich in der Nacht geschlafen habe, ich könnte, wenns denn gehen würde, 24 Stunden schlafen.
Alles was ích mache, ist für mich, als würde ich jeden Schritt mit Betonschuhen tun und dabei noch tonnenschwere Ketten an Beinen und Armen haben, die an der Wand festgemacht sind und mich nicht nur festhalten sondern auch durchs Gewicht in die Knie zwingen.
Jeder Schritt ist ein Kampf, jede Bewegung kostet mich extrem viel Kraft.
Nichts ist leicht und geht mir so von der Hand, wie ich es gewohnt bin.
Alles dauert länger.
Ich kriege die einfachen Sachen nicht so schnell erledigt wie normal und ich muss mich wirklich zwingen, die grundlegenden Sachen zu machen wie eben die Spühlmaschine zu beladen oder mich selbst eben zu pflegen, und dass wo ich gerne Nägel mache und sowas.
Das geht alles nicht leicht.
Kleinigkeiten sind grosse Aktionen für mich im Moment und ich muss wirklich Kraft aufwenden dass ich wenigstens die grundlegenden Dinge gebacken bekomme.
Bei uns schien gestern und heute die Sonne und alles was ich machen konnte, obwohl ich so gewollt hätt, war aus dem Fenster gucken und mir wünschen, ich würde die Kraft haben, nach draussen zu gehen und die ersten wirklichen Sonnenstrahlen auf der Haut zu fühlen...
Ich weiss nicht, ob dass hier alles ein wenig einfacher gemacht hat oder alle nun noch verwirrter sind, aber mir hat es ein wenig geholfen meine Gedanken und Gefühle klarer zu sehen...
Es soll nicht nach "Ach die heult rum" klingen, sondern ich hatte einfach das Bedürfniss, einfach mal zu versuchen zu erklären, warum ich eben nicht sein kann, wie ich gerne wäre und warum ich irgendwie auch eifersüchtig auf die Menschen um mich rum bin, die normal leben können und sich mit diesem Kram nicht beschäftigen müssen.
Auch wenn ich es nicht möchte, ich schäme mich oft dafür, dass ich es eben nicht vom Sofa schaffe und nicht wie andere quietschfröhlich durchs Leben gehen kann sondern eben jeden Tag Tabletten nehmen muss, damit das Leben irgendwie ansatzweise "normal" funktioniert....
Ich finde das schon ein super Anfang wenn du darüber redest, und vorallem wenn es dich befreit.
AntwortenLöschenKannst du offen mit deinen Freunden darüber reden?
Eine Person aus meinem Familienkreis ist schwer depressiv (schon bald über 30 Jahre lang), sie hat sich aber immer wacker gehalten, obwohl die Krankheit sie immer begleitet.
Ich bin mir sicher, dass du das schaffst und die Krankheit bekämpfen kannst, du musst aber auch wollen, das finde ich ganz wichtig. Aber das merkt man auch bei dir, dass du dich nicht damit abgefunden hast, sondern dagegen ankämpfst.
Ich wünsche dir gute besserung :)